Historische und aktuelle Daten liefern zahlreiche Belege für klimatische Veränderungen. Diesen Daten zufolge haben die Alpen seit den 1980er Jahren eine Erwärmung erfahren, die über dem globalen Durchschnitt liegt.
Während der Klimawandel selbst und einige seiner Folgen – wie das Abschmelzen der Alpengletscher – unbestritten sind, bleiben zahlreiche Fragen offen: Wie wirkt sich der Klimawandel auf die alpinen Landschaften aus? Welche Folgen hat das Abschmelzen der Gletscher beispielsweise für den Geschiebetransport in den Flüssen? Verändert sich die Größe und/oder die Häufigkeit von Lawinen, Murgängen oder Steinschlägen? Das Problem der Empfindlichkeit oder Anfälligkeit der Alpen gegenüber dem Klimawandel beinhaltet auch die Frage, ob und inwieweit solche Veränderungen miteinander interagieren und ob und inwieweit sich lokale Veränderungen von kleineren räumlichen Einheiten (z. B. Hängen) in die Flüsse und von dort weiter talabwärts ausbreiten und zu einer Auswirkung auf Einzugsgebietsebene führen.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Österreichische Wissenschaftsfonds (FWF) finanzieren seit dem 1. Januar 2019 eine interdisziplinäre Forschungsgruppe, die in den nächsten drei bis sechs Jahren versuchen wird, diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Um zukünftige Veränderungen prognostizieren zu können, müssen Veränderungen in der Vergangenheit identifiziert und von ihrer Ursache her verstanden werden. Dieses Ziel verfolgen die beteiligten Arbeitsgruppen von drei Deutschen und zwei Österreichischen Universitäten mithilfe dreier Ansätze:
(1) Die Rekonstruktion des Witterungsverlaufs ab dem Ende der “Kleinen Eiszeit”, ca. ab dem Jahr 1850, erfolgt mithilfe von Modellrechnungen, die ständig mit den vorhandenen historischen Datenreihen (z.B. zu Temperatur und Niederschlag) abgeglichen werden. Die Ergebnisse dienen vor allem dazu, mögliche Erklärungen für beobachtete Veränderungen zu liefern; konkret werden die rekonstruierten Wetterdaten verwendet, um die Entwicklung der Gletscher und die Dynamik des Abflusses in den Flüssen nachzuvollziehen.
(2) Historische Gletscherstände, die Aktivität und Intensität von Prozessen wie Muren und Lawinen, sowie der Entwicklung der Pflanzendecke werden aus historischen Photographien rekonstruiert. Mithilfe moderner Methoden ist es möglich, Standort und Blickrichtung des Fotographierenden zu ermitteln und das Bild selbst so zu bearbeiten, dass lage- und maßstabsgetreue Kartierungen durchgeführt werden können.
In öffentlichen, aber auch privaten Archiven lagern unzählige photographische Dokumente – diesen Schatz wollen wir heben und benötigen dafür auch Ihre Unterstützung!
(3) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden während der Laufzeit des Projekts verschiedene Messungen in den Untersuchungsgebieten durchführen – wir werden auf der Startseite immer wieder darüber berichten:
Wetterstationen zeichnen Temperatur, Niederschlag und Wind auf; der Abfluss in Bächen und Flüssen wird an Pegelstationen gemessen; digitale Modelle von Hängen und Tälern entstehen aus der hochgenauen Vermessung mithilfe von land- oder flugzeuggestützten Lasermessgeräten; Drohnen schießen Luftbilder, die Veränderungen dokumentieren; abgesteckte Testflächen werden immer wieder aufgesucht, um die Zusammensetzung der Pflanzendecke aufzunehmen. Mithilfe all dieser Messdaten möchten wir besser verstehen, wie die Alpine Landschaft auf veränderte Bedingungen reagiert. Auf der Grundlage dieses Verständnisses werden wir in einer späteren Projektphase versuchen, Veränderungen in der näheren Zukunft (bis ca. 2050) zu prognostizieren.
Sie möchten mehr wissen? Wenn diese Webseite noch Fragen offen lässt, oder wenn Sie interessante historische Photographien aus den Untersuchungsgebieten besitzen, schreiben Sie uns doch einfach eine E-Mail an sehag[at]ku.de – wir freuen uns über Ihr Interesse!