Das Teilprojekt MORPHO wird von Prof. Dr. Michael Becht und PD Dr. Florian Haas an der KU Eichstätt-Ingolstadt geleitet. Moritz Altmann MSc, Jakob Rom MSc und Fabian Fleischer MSc bearbeiten die Forschungsfragen als Wissenschaftliche Mitarbeiter und fertigen im Rahmen dieses Projekts ihre Doktorarbeiten an.
Das Teilprojekt beschäftigt sich mit den räumlichen und zeitlichen Veränderungen von oberflächennahen geomorphologischen Hangprozessen seit 1850. Die Forscher arbeiten vorwiegend in Lockergesteinsbereichen, wie beispielsweise auf steilen Ufermoränen und Schutthalden. Die Hypothese der Arbeitsgruppe ist, dass sich der Klimawandel auf die Aktivität und die Zusammenhänge der geomorphologischen Prozesse auf diesen Hängen und den gesamten Untersuchungsgebieten auswirkt und dass diese Veränderungen in drei Zeitscheiben (1850 – 1920 – 1980 – heute) unterteilt werden können. Ziel ist somit, Schlussfolgerungen der Auswirkungen des Klimawandels auf die geomorphologische Prozessdynamik zu ziehen. Hierbei bedienen sich die Forscher unterschiedlicher Methoden: Um die Erdoberfläche und deren Dynamik aus den unterschiedlichen Zeitscheiben zu rekonstruieren, werden historische Luftbilder zu Geländemodellen verarbeitet und terrestrische Photographien mittels Monoplotting, wie beim Teilprojekt PHOTO beschrieben, ausgewertet. Zudem wird die aktuelle Dynamik mithilfe des terrestrischen sowie luftgestützten Laserscannings (TLS/ALS) und der Aufnahme und Bearbeitung von Luftbildern (UAV) erfasst. Hier werden räumlich und zeitlich hochaufgelöste Daten über flächenhafte und transportstarke Massenbewegungen (Muren, Felsstürze, fluvialer / hangaquatischer Abtrag / Blockgletscher und Grundlawinen) erhoben, um anschließend ein besseres Verständnis über die Prozesse, den Sedimenttransport und die Morphodynamik in den hochalpinen Geosystemen zu erlangen. Mithilfe der Lichenometrie können neu entstandene Oberflächen (wie Murablagerungen oder durch Gletscherschmelze) datiert und damit zeitlich eingeordnet werden. Ziel dieser Arbeitsgruppe ist es zudem, die festgestellten Veränderungen und Rekonstruktionen mit den Ergebnissen der anderen Teilgruppen zu verarbeiten und mögliche Wechselbeziehungen festzustellen. Beispielsweise können zunehmende Extremwetterereignisse Sedimenttransport fördern, während ein Anstieg der Vegetationsgrenze diesen auch wieder abschwächen kann.
Die ersten Ergebnisse zeigen eine hohe Morphodynamik an den Ufermoränen des Gepatschferners (Kaunertal), jedoch zwischen 1970 und 2019 mit einer abnehmenden Tendenz. Dies deckt sich auch mit dem Niederschlagsverhalten im gleichen Zeitraum. Zwar nehmen die jährlichen Niederschlagssummen im oberen Kaunertal tendenziell zu, die Häufigkeit von kurzen und intensiven Niederschlagsereignissen sinkt dagegen (Altmann et al. 2020). Auch die veränderte Aktivität der Blockgletscher im Kaunertal lässt sich auf Klimaparameter zurückführen. Hier ist eine beschleunigte Fließgeschwindigkeit seit 1997 festzustellen, die einhergeht mit den höheren gemessenen Temperaturen aufgrund des Klimawandels. Mithilfe von mehreren Luftbild-Datensätzen seit 1947 konnten im Horlachtal 817 Muren detektiert und kartiert werden. Diese Daten zeigen eine Phase erhöhter Muraktivität zwischen 1953 und 1974, sowie vor allem zwischen 1990 und 2010. Obwohl Murereignisse mitunter sehr lokal auftreten können, zeigen die Niederschlagsdaten (verfügbar seit 1990) einen Zusammenhang von Murereignissen mit der Häufigkeit und Intensität von Starkregenereignissen.