Forschungscamp am Grastalsee

Im August 2024 errichtete die SEHAG-Gruppe ein mehrtägiges Forschungscamp im Horlachtal, um verschiedene Vermessungsarbeiten am und auf dem Grastalsee (ca. 2500 m ü. M.) durchzuführen.

Mit Hilfe der Sonartechnik (sound navigation and ranging) wurde der Seegrund des Grastalsees flächenhaft vermessen, um anschließend die Unterwassertopographie und den entsprechenden Sedimenteintrag zu analysieren. Die Technik wurde auf einem Schlauchboot installiert, mit dem der Seegrund in drei Stunden zentimetergenau vermessen werden konnte.

Ebenso wurden mehrere Gerinneabschnitte des Grastalbaches ober- und unterhalb des Grastalsees mittels UAV-Luftbildaufnahmen aufgenommen, um ebenfalls digitale Höhenmodelle erstellen zu können. Im Vergleich zu früheren Modellen sollen so entsprechende Veränderungen ermittelt werden.

Ein weiteres Ziel des Camps war es, mit Hilfe einer Beregnungsanlage verschiedene Niederschlagsereignisse auf einem aktiven Schuttkegel, der aus dem LIA-Gletschervorfeld des Grastalferners resultiert und bis in den Grastalsee reicht, zu simulieren. Dazu wurden verschiedene Flächen mit unterschiedlicher Dauer der Sedimentierung (z.B. zwischen 1997 und 2006 sowie 2021 und 2022) beregnet. Ziel ist es, die unterschiedliche Erosionsaktivität dieser jüngeren und älteren Ablagerungen zu untersuchen.

Zeltplatz am Grastalsee.

Vermessungsarbeiten auf dem Grastalsee mit dem Sonar ausgestatteten Schlauchboot.

Durchführung der UAV-Vermessung.

Arbeiten an der Beregnungsanlage auf dem in den Grastalsee ragenden Schuttkegel.

Abtransport des Arbeitsmaterials durch den Helikopter.

SEHAG-Experten bei ARTE: Gletscher im Klimawandel

In der Forschung beschäftigen sich die Forschenden im SEHAG-Projekt mit den Ausprägungen des Klimawandels in den Alpen seit dem Ende der “Kleinen Eiszeit” und seinen Folgen für Wasserhaushalt, Vegetation und die Formung der Landschaft. Die Projektleiter der Teilprojekte 1 (Klima und Gletscher) und 3 (Geomorphologische Prozesse an Hängen), Ben Marzeion und Florian Haas, wurden von den AutorInnen der Wissens-Dokumentationsreihe “42 – die Antwort auf fast alles” des Senders ARTE befragt.

Gemeinsam mit der Glaziologin Angelika Humbert (Alfred-Wegener-Institut) erläutern sie anschaulich die Erkenntnisse der Wissenschaft rund um die Entstehung und Eigenschaften von Gletschern und deren Reaktion auf den Klimawandel. Ein gelungenes Beispiel für Wissenschaftskommunikation, wie wir meinen!

Die Sendung kann hier in der ARTE-Mediathek abgerufen werden.

SEHAG-Geländetreffen im Kaunertal 28.-30.6.2023

Florian Haas floating on his Zodiac on the Gepatsch reservoir. The boad is equipped with our new NORBIT multibeam echosounder for surveying the bathymetry of the lake.

Die Mitglieder der SEHAG-Forschungsgruppe trafen sich zum diesjährigen Geländemeeting im Kaunertal.

Nachdem die verschiedenen Arbeitsgruppen am Mittag des 28. Juni an der gemeinsamen Unterkunft angelangt waren, ging es zunächst um Wartungsarbeiten an der Klimastation, die auch zu Diskussionen der Vegetationsentwicklung und der Formungsdynamik auf den rechtsseitigen Lateralmoränen des Gepatschferners genutzt wurden. Parallel beflogen Mitglieder der Eichstätter Arbeitsgruppe das Fernergrieß mit der neuen RTK-Drohne, um die Basis für neue Kartierungen und Digitale Höhenmodelle in diesem Teilgebiet zu legen.

Am zweiten Tag traf sich die Gruppe mit Dr. Johannes Schöber von der TIWAG, der uns die Messeinrichtungen am Pegel Gepatschalm zeigte, und dem wir uns zu den Forschungsarbeiten im SEHAG-Projekt austauschten.

Von besonderem Interesse waren dann die ersten Testmessungen mit dem neuen NORBIT-Fächerecholot der Eichstätter Arbeitsgruppe. Dieses war mit der zweiten Phase der SEHAG-Forschungsgruppe erfolgreich beantragt und beschafft worden, um die Tiefe und die Beschaffenheit eines See- oder Meeresgrundes oder eines Flussbetts mit hoher Auflösung und Genauigkeit bestimmen zu können. Der Testmessung vorausgegangen waren aufwändige Vorbereitungsarbeiten wie der Bau von Halterungen und die Zusammenstellung der Technik für die genaue Lokalisierung der Messeinrichtung mittels GPS und Inertialsensoren. Florian Haas, der all diese Arbeiten in den vergangenen Wochen durchgeführt hatte, ließ am Morgen des 30. Juni das Schlauchboot zu Wasser. Die Testmessung war erfolgreich, wie der erste Blick auf die Daten zeigte. Wie die Punktwolken aus der luftgestützten LiDAR-Vermessung müssen diese nun noch prozessiert werden, bis wir zum ersten Mal ein detailliertes Unterwasser-Geländemodell betrachten und analysieren können. In Kombination mit der Geländeoberfläche vor Bau des Gepatschstausees ermöglichen diese Daten beispielsweise die Quantifizierung des Sedimentvolumens, was sich seit Inbetriebnahme im See abgelagert hat, und der durchschnittlichen jährlichen Sedimentfracht aus dem Einzugsgebiet, in dem die Teilprojekte der SEHAG-Forschungsgruppe die Klimawandelfolgen detektieren, verstehen und in Zukunft auch prognostizieren wollen.

Der zweite Tag wurde zudem noch für Installations- und Reparaturarbeiten an den hydrologischen Messeinrichtungen des Münchener SEHAG-Teilprojekts sowie für einen Besuch der Gletscherstirn des Gepatschferners genutzt. Immer wieder zeigt sich, dass die Kartierungen und Modellierungen am besten mit Geländebefunden ergänzt werden sollten…

Am letzten Tag zog man sich wetterbedingt in den Gruppenraum des Hotels zurück und besprach die anstehenden Geländearbeiten, zukünftige Treffen sowie das Vorhaben, die Hauptergebnisse der SEHAG-Forschungsgruppe in einer open-access-Veröffentlichung zu publizieren.

Regensimulationen im Gletschervorfeld des Grastalferners

Mitte August wurde ein mehrtägiger Forschungsaufenthalt im Horlachtal im Gletschervorfeld des Grastalferners auf ca. 2900 m über dem Meerespiegel durchgeführt. An dieser Feldkampagne waren Dr. Peter Fischer (Fachbereich Bodengeographie & Bodenerosion der KU) sowie die wissenschaftlichen Mitarbeiter Moritz Altmann, Jakob Rom, Fabian Fleischer und die wissenschaftlichen Hilfskräfte Eva Schien und Christian Sender beteiligt. Mit Hilfe einer Beregnungsanlage und dem Modell Erosion3D soll das fluviale Erosionsverhalten dieser Flächen simuliert werden. Ziel war es daher, verschiedene Niederschlagssimulationen auf dem Lockermaterial der Ufermoräne durchzuführen und entsprechende bodenphysikalische Parameter zu entnehmen, welche anschließend im Labor für die Modellierung aufbereitet werden müssen. Die Messungen dauerten jeweils eine Stunde, wobei die Beregnung mit einer Intensität von 40 mm pro Stunde erfolgte, was einem Starkregenereignis entspricht. Die Interessensfläche von einem Quadratmeter wurde sowohl vor als auch nach der Beregnung photogrammetrisch aufgenommen, um mit Hilfe eines Differenzmodells entsprechende Erosionsprozesse zu ermitteln. Mittels prognostizierter Niederschlagsdaten bis 2050 soll so die zukünftige Morphodynamik dieser Flächen eingeschätzt werden. Die Beregnungsanlage wurde aufgrund des Gewichts und der schwierigen Zugänglichkeit des Geländes mit einem Hubschrauber in das Gletschervorfeld transportiert.

Aufbau der Beregnungsanlage im Steilhang.
Durchführung des Beregnungsversuchs.
Fläche während der Niederschlagssimulation.
Transport der Beregnungsanlage ins Gletschervorfeld des Grastalferners.
Das Feldlager während des Sonnenaufgangs.

Laserscanning am „Sterbebett der Gletscher“: ZDF begleitet Lehrstuhl-Team auf den Gepatschferner

Die ZDF-Autoren Stefan Leifert und Nicolai Piechota haben ein Team des Lehrstuhls für Physische Geographie bei TLS-Messungen auf dem Gepatschferner begleitet. Mit dem Hubschrauber wurden Florian Haas (Leiter des Teilprojekts 3 im SEHAG-Projekt) und Manuel Stark, die Ausrüstung und das Fernsehteam auf dem schmelzenden Gletscher abgesetzt. Während die Zeichen der in diesem Jahr aufgrund geringer winterlicher Schneefälle und sommerlicher Hitze besonders intensiven Gletscherschmelze überall sicht- und hörbar waren, nahmen die Forschenden mit dem Terrestrischen Laserscanner angrenzende Hänge auf. Die Messungen ermöglichen die Analyse von Hanginstabilitäten und Massenbewegungen in den Felswänden, an deren Basis sich seit Jahrzehnten immer weniger Gletschereis befindet – eine Entwicklung mit zunehmender Geschwindigkeit, wie die Wissenschaftler betonten. Sie zeigten sich betroffen von der Intensität der klimawandelbedingten Veränderungen und ihren Folgen für heutige und folgende Generationen. Verdeutlicht wurden die Veränderungen auch mithilfe orientierter historischer Photographien im Vergleich zur aktuellen Situation.

Aus den Aufnahmen und Interviews entstand ein Beitrag im Heute Journal am 26. Juli sowie ein Teil eines längeren Dokumentarfilms über die Alpen im Rahmen der Reihe „Gebirgswelten“, der am 28. Juli ausgestrahlt wurde (Link zum Beitrag in der ZDF-Mediathek).

Die KU Eichstätt-Ingolstadt hat während der Vorbereitung und Durchführung der Dreharbeiten einen eigenen Film gedreht, der die wissenschaftliche Zielsetzung der Messungen im Rahmen des SEHAG-Projekts deutlich macht:

Dokumentation mit Felix Neureuther jetzt auch auf Youtube

Nachdem die TV-Dokumentation “Rettung für die Alpen – Unterwegs mit Felix Neureuther” seit ihrer Premiere im September 2021 auf National Geographic zu sehen war, ist sie nun auch in Auszügen auf dem Youtube-Kanal von National Geographic Deutschland zu sehen. Im Zuge der Dreharbeiten kam Felix Neureuther auch an die KU Eichstätt-Ingolstadt, um von PD Dr. Florian Haas mehr über die SEHAG Forschungsgruppe zu erfahren.

Im folgenden Ausschnitt aus der Dokumentation erklärt Haas, wie in SEHAG historische Daten wie Karten und Photographien seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in Verbindung mit modernen und hochgenauen Messungen wie Laserscans verwendet werden, um die Veränderungen der hochalpinen Geosysteme aufzuzeigen. Im Anschluss veranschaulichen Florian Haas und Jakob Rom mithilfe des vom Teilprojekt PHOTO entwickelten Monoplotting-Tool die Gletscherschmelze seit Beginn des 20. Jahrhunderts am Beispiel des Gepatschferner im Kaunertal:

Quelle: Youtube-Kanal “National Geographic Deutschland”

Wie verändert sich die Hochgebirgslandschaft durch die Gletscherschmelze bis 2050?

Im März fanden im Rahmen des Forschungsprojektes SEHAG Geländearbeiten am Weisssee-, Gepatsch-, Zufall- und Fürkeleferner im Kaunertal und Martelltal statt. Ziel war es die Topographie unter den Gletschern zu erfassen, um bereits heute ein Bild der zukünftigen Gebirgslandschaft zu erhalten. Wissenschaftler/-innen der KU Eichstätt-Ingolstadt, dem Institut für interdisziplinäre Gebirgsforschung der der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW, Kay Helfricht und Martin Stocker-Waldhuber) und vom Institut für Alpine Umwelt an Eurac Research führten dafür gemeinsam Georadar-Messungen und terrestrische Laserscan-Aufnahmen vor Ort durch. Die beteiligten Personen und das Material wurden auf Grund der abgelegenen Lage und des großen Gewichtes per Helikopter an den Messstandort geflogen. Es wurde der Bereich vermessen, der bis 2050 vermutlich eisfrei sein wird. Die Daten helfen den Wissenschaftler/-innen die in Zukunft stattfindenden Prozesse zu modellieren und bessere Prognosen erstellen zu können.


SEHAG verlängert

Unsere Anträge auf Verlängerung der Arbeiten der Forschungsgruppe um weitere drei Jahre waren erfolgreich ! In der zweiten Phase der Forschungsarbeiten werden wir nicht nur die bisherigen Erkenntnisse zu den Veränderungen in der Vergangenheit weiter vervollständigen, sondern auch die nähere Zukunft bis zum Jahr 2050 in den Blick nehmen. Für beide Ziele werden wir Rechenmodelle zur Hilfe nehmen, nicht nur im Hinblick auf das Klima (Rekonstruktion der Vergangenheit, Projektion der zukünftigen Entwicklung in Abhängigkeit von den Emissionsszenarien), sondern auch für die Gletscherschmelze, die Abflussbildung, Formungsprozesse und die Vegetationsentwicklung.

Die Forschungsgruppe hat sich auch personell verändert. Die Forschungen zum Thema Vegetation (Teilprojekt 7) werden nun von einem Team am Institut für Alpine Umwelt des EURAC-Forschungszentrums in Bozen vorangebracht. Die hydrologische Arbeitsgruppe an der TU München (Teilprojekt 2) arbeitet in der zweiten Phase mit der Unit Hydrologie am Geographischen Institut der Universität Bern zusammen.

SEHAG im DFG Kalender 2022 “Digitalisierung”

Die diesjährige Ausgabe des DFG-Kalenders steht unter dem Motto “Digitatlisierung” und stellt 12 von der DFG geförderte Projekte vor, die digitale Verfahren in ihrer Arbeit einsetzen. Das von der SEHAG-Gruppe im Rahmen eines Wettbewerbs eingereichte Foto steht für den Monat März.

Die Collage zeigt ein historisches Foto (aus dem Jahr 1924), das mit photogrammetrischen Methoden über ein aktuelles Orthophoto aus dem Jahr 2020 und ein digitales Höhenmodell gelegt wurde, indem der exakte Standort des Fotografen zum damaligen Zeitpunkt bestimmt wurde. Die modellierte Gletscheroberfläche von 1924 zeigt die starken Veränderungen des Gepatschferners im Kaunertal. Der Gletscher hat an dieser Stelle eine Mächtigkeit von etwa 100 Metern verloren. Die Länge des Gletschers hat seit 1924 um etwa 2 Kilometer abgenommen.

Der Kalender steht hier zum Download bereit.

Einladung zum Eichstätter Geographischen Kolloquium

Bei dem diesjährigen Eichstätter Geographischen Kolloquium der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (Wintersemester 2021/2022) stellt unter anderem auch das SEHAG Team seine aktuellen Forschungsarbeiten unter dem Titel: “Klimawandel in den Alpen: Einblicke in das Forschungsprojekt SEHAG” vor. Diese öffentliche Veranstaltung richtet sich an alle Interessierte, welche mehr zu den aktuellen Veränderungen hochalpiner Landschaften erfahren möchten. Neben dem wissenschaftlichen Input über die räumlichen und zeitlichen Veränderungen geomorpholgogischer Prozesse (z.B. Muren, Bewegung von Blockgletschern, Sedimenttransport in Flüssen) folgt anschließend eine Diskussionsrunde, bei der den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Fragen gestellt werden können.

Die Veranstaltung findet digital (über Zoom) am Mittwoch, den 19. Januar 2022 um 18 Uhr statt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Der Vortrag wird in deutscher Sprache gehalten.

Der Zoom-Link lautet: https://kuei.zoom.us/j/99875793137, Meeting-ID: 998 7579 3137, Kenncode: 330663